Wie fühlt sich der Schmerz an?“ Hören Patienten diese Frage von ihrem Arzt, möchten sie so gut und genau wie möglich antworten. Leider fehlt es oft an den richtigen Worten, um den Schmerz im Rücken, im Kopf oder unter der Haut zu beschreiben. „So geht es jedem zweiten meiner Patienten“, bestätigt Dr. Karl Wohak, Vorstand des interdisziplinären, multimodalen Schmerzzentrums Privatklinik Wehrle-Diakonissen Salzburg. Täglich stehen Menschen vor ihm, die an chronischen Schmerzen leiden. Das bedeutet, ihre Schmerzen quälen sie seit mehr als sechs Monaten, trotz Therapie. „Im Gegensatz zu offensichtlichen und akuten Schmerzquellen wie Entzündungen oder Verletzungen liegt bei chronischen
Schmerzen meist ein Nervenschaden vor, eine Fehlfunktion der Nerven. Krankheiten wie Diabetes, Morbus Sudeck, Abnützungen der Wirbelsäule oder die Nachwehen einer Gürtelrose können diese Nervenschäden verursacht haben. Ebenso können innere Vernarbungen nach einer Operation Nerven und Nervenwurzeln derart reizen und überreizen, dass ein Dauerschmerz entsteht. Weil diese Ursachen nicht sichtbar sind, hilft es dem Arzt, wenn der Patient, seinen Schmerz so genau wie möglich beschreiben kann. Die Art des Schmerzes sagt etwas über seine Quelle aus.“
Doch vielen Patienten fällt es schwer, die passenden Wörter zu finden. Das erlebt auch der Schmerztherapeut Dr. Reinald Brezovsky immer wieder. „Viele Menschen sind einfach nicht so wortgewandt. Andere haben sich noch nie Gedanken darüber gemacht, die Art, die Stärke und den Ort des Schmerzes zu beschreiben. Wieder andere sind beim Arztbesuch so nervös, dass ihnen die Worte fehlen.“
Eine gute Kommunikation zwischen Arzt und Schmerzpatient führt nicht nur schneller zur Diagnose, es verhindert unnötige Therapien und ermöglicht die rasche Überweisung zum richtigen Facharzt. „Sagt ein Patient, er hat ein Gefühl als steckten seine Fußknöchel in einem Schraubstock und er spürt ein Kribbeln oder Brennen in den Unterschenkeln, handelt es sich wahrscheinlich um eine Polyneuropathie. Das ist ein Nervenschaden, der zum Beispiel durch Diabetes oder eine Chemotherapie verursacht wird. Der Patient kann sofort zum Neurologen überwiesen werden, der weitere Untersuchungen durchführt und die richtigen Therapien vorschlägt“, so Dr. Brezovsky. Es ist daher sinnvoll, sich schon zu Hause und in Ruhe Gedanken über den Schmerz zu machen. „Dazu gehören die Punkte, wann der Schmerz begonnen hat, wie lange er andauert, wo er zu spüren ist und welches Gefühl er bereitet. Wer sich das aufschreibt und den Zettel zum Arztbesuch mitnimmt, unterstützt den Hausarzt, den Facharzt, aber auch spezialisierte Schmerzärzte bei ihrer Arbeit. Weiters empfehle ich, immer aufzuschreiben, welche Medikamente zur Schmerzbehandlung bereits eingenommen wurden“, rät Dr. Wohak.
Wem trotz aller Bemühungen nicht die richtigen Worte einfallen, der findet im Internet Fragebögen mit Beispielen, wie sich Schmerz anfühlen kann. So liegt auf der Internetseite www.mypainfeelslike.at so ein Fragebogen zum Ausdrucken bereit. Darauf sind etwa zwei Dutzend bildlich beschriebene Schmerzarten vorgestellt. Passt eine Beschreibung auf den eigenen Schmerz, muss diese nur angekreuzt werden. Mehrfachnennungen sind möglich. Er umfasst vier Seiten und hat sogar eine Grafik, wo Betroffene jene Stelle markieren können, die ihnen Schmerz bereitet. Wer kein Internet hat, sollte jemanden aus der Familie oder aus dem Bekannten- oder Freundeskreis bitten, einen Fragebogen für ihn auszudrucken. „Viele chronische Schmerzen lassen sich umso besser in den Griff bekomen, je eher ihre Ursache erkannt und die richtige Therapie begonnen wird. Das verhindert Spättfolgen wie etwa Depressionen und die soziale Isolation des Schmerzpatienten“, sagt Dr. Brezovsky.